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»Fritz Bauer und der Auschwitz-Prozess: Keine Erfolgsgeschichte«
Fritz Bauer, hessischer Generalstaatsanwalt von 1956 bis zu seinem frühen Tod 1968, hat Anfang der 1960er Jahre, als die Ermittlungen gegen Auschwitz-Täter eingeleitet worden sind, große Hoffnungen in die NS-Prozesse gesetzt.
Bauers Erwartung war, dass die Strafverfahren gegen NS-Verbrecher den Deutschen „Lehren“ und „Lektionen“ erteilen könnten. Eine „Unterrichtsstunde“ sollten die Verfahren, die die Deutschen mit ihrer unvergänglichen Vergangenheit konfrontieren, sein.
Hinter Bauers Überlegungen zum Sinn und Zweck von NS-Prozessen stand seine Überzeugung, die Deutschen müssten durch politische Aufklärung und Menschrechtsbildung erst noch zu Demokraten gewandelten werden.
Nach dem Ende des Frankfurter Auschwitz-Prozesses hat Fritz Bauer Bilanz gezogen und die ausgebliebene Wirkung des Prozesses auf die öffentliche Bewusstseinsbildung beklagt. Zu groß war die Abwehr der Mehrheit der Bundesdeutschen gewesen, zu stark ihr Verlangen, über die Vergangenheit endlich Gras wachsen zu lassen. Der Vortrag stellt Geschichte und Wirkungsgeschichte des Auschwitz-Prozesses dar und erörtert auch Rechtsfragen, die durch den Münchner Prozess gegen John Demjanjuk Aktualität erfahren haben.
Der Referent ist seit 1995 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fritz Bauer Institut (Frankfurt am Main), Leiter des Archivs und der Bibliothek des Instituts. Er hat einschlägige Forschungen zum Auschwitz-Prozess publiziert und die Ausstellung 2014 im Jüdischen Museum Frankfurt kuratiert.