Stilisierte Wandbemalung mit hebräischer Schrift: Liebe deinen Nächsten, denn er ist wie du.

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von Annemarie Schlag

Lage und Beschreibung

Grabsteine auf einer Wiese

Foto: Hahn 2008, alemannia judaica

Durch einen Schenkungsvertrag vom 01. August 1873 erhielt die jüdische Gemeinde von dem Pferdehändler Simon Löwenstein ein Grundstück zur Errichtung eines Friedhofes auf dem „Kratzeberg“.
Seit dieser Zeit sollen bis zur Schließung des Friedhofes durch die Nationalsozialisten im Juni 1940 42 Beerdigungen, davon 7 Kinderbestattungen, stattgefunden haben. Der erste Grabstein wurde für die Verstorbene Sara Löwenstein, die im Alter von 36 Jahren am 22. September 1873 starb, errichtet.

Zeitgenössischer Katasterplan
Grabstein aus Sandstein

Die zweite Bestattung war die Tochter des Friedhofsstifters Simon Löwenstein und seiner Ehefrau Ester. Tochter Rosa starb im zarten Alter von viereinhalb Monaten am 26. März 1874. Die letzte Bestattung war Minchen Sonn, die 1938 starb. Sie besitzt keinen Grabstein. Am 21. Juni 1941 starb Auguste Giedel Löwenstein. Es ist unklar, ob sie noch auf dem Friedhof in Fronhausen oder auf dem Jüdischen Sammelfriedhof in Marburg, Alter Kirchhainer Weg, beigesetzt wurde. 

Während der NS-Zeit wurde der Friedhof nicht verkauft. Auf Befehl der amerikanischen Militärregierung wurden nach Kriegsende 1945 die umgeworfenen Grabsteine wieder aufgerichtet. Durch einen Vergleich vor der Wiedergutmachungsbehörde in Gießen wurde der Friedhof am 13. Februar 1952 der Headquarters Jewish Restitution Successor Organisation (JRSO) mit Sitz der Vermögensverwaltung in Nürnberg übertragen. Der Landesverband der jüdischen Gemeinde in Hessen erwarb ihn im Jahr 1960.
Im März 1986 wurde der Friedhof verwüstet. Die Täter rissen einen Teil des Holzzauns ein und stürzten 17 Grabsteine um, zwei zerbrachen in der Mitte. Zur Ermittlung der Täter setzte der Landrat eine Belohnung von 1000,- DM aus. Der Friedhof wurde wieder hergestellt, die Täter jedoch nie ermittelt.
Die 39 Grabstätten sind alles Einzelgräber und aus Sandstein. Sie haben eine schlichte Form, einige weisen auf den oberen Abschlüssen ornamentale Schmuckformen auf. Die Inschriften sind vorderseitig auf Hebräisch und rückseitig teilweise auf Deutsch. Sie beginnen mit der hebräischen Begräbnisformel: „Hier ist begraben“ oder „Hier ist verborgen“ und enden mit der Schlussformel: „Seine/ Ihre Seele möge eingebunden sein in das Bündel des Lebens.“ Der in Fronhausen geborene Karl Löwenstein, Sohn von Moses I. und Henriette, geborene Schott lebte seit Anfang des 20. Jahrhunderts in Berlin. Er überlebte den Holocaust und veranlasste 1964 die Setzung eines Gedenksteins für die Opfer der NS-Zeit.

Gedenkstein Vorderseite
Gedenkstein Rückseite

Die Inschrift lautet: 

Zum mahnenden Gedenken an die Mitglieder der Jüdischen Gemeinde von Fronhausen die ein Opfer der  Nazi-Verfolgung 1933 -1945 geworden sind

Die Inschrift auf der Rückseite:

Gewidmet von Karl Löwenstein

 

Das Eingangstor ist verschlossen. Den Schlüssel erhalten Besucher in der Gemeindeverwaltung. Samstags wegen der Sabbatruhe und an jüdischen Feiertagen ist ein Besuch auf dem Friedhof nicht gestattet. Männliche Besucher sollten beim Betreten eine Kopfbedeckung tragen. 

Grabsteine auf Wiese unter Bäumen

Alle Fotos: Annemarie Schlag

Eine Aufstellung der Quellen finden sie auf der Seite des  Landesgeschichtlichen Informationssystems Hessen.

Anfahrt

Der jüdische Friedhof befindet sich auf dem Stollberg zwischen Fußballrasenplatz und Tennisanlage, in direkter Nachbarschaft der Grundschule. Er hat eine Größe von 14ar und ist mit einem Zaun und mit einer Buchenhecke umgeben.

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